Expedition 2: Wert, Moral, Gefühl
Zusammenfassende Darstellung und Auslegung der zweiten Expedition im Rahmen von „Forschende Kunst“ am 19.11., 26.11. und 10.12.2014 in der Zentrifuge in der Ostermayr Passage, Königstraße 33-37, 90402 Nürnberg.
Moderation: Otmar Potjans
Text: Michael Schels
An drei Abenden begaben wir uns in die Räume von Wert, Moral und Gefühl. Erneut kam der ästhetische Prozess, den wir bei „Forschende Kunst“ prototypisch entwickelt haben, zum Einsatz und wurde methodisch wie inhaltlich verfeinert. Der ästhetische Prozess bewährte sich ein weiteres Mal bei der Ermöglichung lebendiger Selbsterfahrung, Weltbegegnung und Kommunikation über individuell geprägte Perspektiven und Haltungen hinaus.
„Was ich vermitteln möchte, ist nicht eigentlich eine Theorie, ein System, eine Weltanschauung; sondern ein gewisser Geschmack (goût), eine gewisse Wahrnehmung der Schönheit, der Erfahrung, der Einheit des Seins. Ich versuche, die ruhige Berauschung, die das Bewusstwerden der Tiefen des Weltstoffs in mir bewirkt, in Begriffe einer Theorie zu übersetzen (was ich gerne in Musik täte, wenn ich dazu fähig wäre); aber diese Theorie hat für mich nur eine Geltung durch die Resonanz, die sie in einem Bereich der Seele auslöst, der nicht dem Intellekt zugehört.“
- Teilhard de Chardin -
„The open mind represents the capacity to see the world with fresh eyes and to suspend old habits of thought. Having an open heart means having the capacity to empathize, to see any situation through the eyes of someone else. And an open will is the capacity of letting go and "letting-come": letting go of old identities (like "us vs. them"), and letting come a new sense of self and of what is possible. (…)
Most key leadership challenges of our time boil down to something very simple: transforming stakeholder relationships that operate based on transactional ego-system awareness into relationships that operate based on transformative eco-system awareness. Ego-system awareness means paying attention to the well-being of oneself. Eco-system awareness means focusing on the well-being of oneself and of the whole (all the stakeholders in the system, including nature). Shifting from one to another requires a profound shift in the types of conversation we have with each other: from downloading and debate to dialogue and collective creativity.“
- Otto Scharmer -
www.huffingtonpost.com/otto-scharmer/collective-mindfulness-th_b_4732429.html
www.presencing.com/ego-to-eco/social-evolution
Moderation: Otmar Potjans
Text: Michael Schels
An drei Abenden begaben wir uns in die Räume von Wert, Moral und Gefühl. Erneut kam der ästhetische Prozess, den wir bei „Forschende Kunst“ prototypisch entwickelt haben, zum Einsatz und wurde methodisch wie inhaltlich verfeinert. Der ästhetische Prozess bewährte sich ein weiteres Mal bei der Ermöglichung lebendiger Selbsterfahrung, Weltbegegnung und Kommunikation über individuell geprägte Perspektiven und Haltungen hinaus.
„Was ich vermitteln möchte, ist nicht eigentlich eine Theorie, ein System, eine Weltanschauung; sondern ein gewisser Geschmack (goût), eine gewisse Wahrnehmung der Schönheit, der Erfahrung, der Einheit des Seins. Ich versuche, die ruhige Berauschung, die das Bewusstwerden der Tiefen des Weltstoffs in mir bewirkt, in Begriffe einer Theorie zu übersetzen (was ich gerne in Musik täte, wenn ich dazu fähig wäre); aber diese Theorie hat für mich nur eine Geltung durch die Resonanz, die sie in einem Bereich der Seele auslöst, der nicht dem Intellekt zugehört.“
- Teilhard de Chardin -
„The open mind represents the capacity to see the world with fresh eyes and to suspend old habits of thought. Having an open heart means having the capacity to empathize, to see any situation through the eyes of someone else. And an open will is the capacity of letting go and "letting-come": letting go of old identities (like "us vs. them"), and letting come a new sense of self and of what is possible. (…)
Most key leadership challenges of our time boil down to something very simple: transforming stakeholder relationships that operate based on transactional ego-system awareness into relationships that operate based on transformative eco-system awareness. Ego-system awareness means paying attention to the well-being of oneself. Eco-system awareness means focusing on the well-being of oneself and of the whole (all the stakeholders in the system, including nature). Shifting from one to another requires a profound shift in the types of conversation we have with each other: from downloading and debate to dialogue and collective creativity.“
- Otto Scharmer -
www.huffingtonpost.com/otto-scharmer/collective-mindfulness-th_b_4732429.html
www.presencing.com/ego-to-eco/social-evolution
Forschende Kunst: Erkundungen in einem evolvierenden geistigen Kosmos
Die beim ästhetischen Prozess kultivierte Fokussierung auf Wahrnehmung und Gefühl im Verbund mit einer Ausklammerung zielorientierten Denkens führt zu einer Praxis, bei der die unmittelbare Gegenwart transzendiert und in ihrem geistig-seelischen Reichtum ahnbar wird.
Die Expeditionen im Rahmen von „Forschende Kunst“ eröffnen Einblicke in ein Reich universeller Existenz, das wir als evolvierende Wesen begrenzt wahrnehmen und dem wir uns im gemeinsamen Tun zuwenden. Es bildet sich dabei unser Forschungsfeld heraus: eine unfassbare, uns durchdringende und uns drängende, über uns hinausweisende und uns herausfordernde geistige Wirklichkeit.
Diese beginnen wir zu entdecken - in uns und in den uns begegnenden Wesen, Dingen, Prozessen und Begriffen und deren Zusammenhängen.
Bei Betrachtung des Zusammenhangs, in dem wir uns mit Forschende Kunst und dem ästhetischen Prozess befinden, zeigt sich ein universelles Kraftfeld, dessen Energien uns durchströmen. Eine geistige Welt tut sich auf und will weiter erkundet werden. Wir sind von diesem Sog ergriffen, ohne dessen Dimensionen auch nur ansatzweise im Blick zu haben. Hier begegnen sich analytisch-wissenschaftliche und intuitiv-spirituelle, wenn nicht gar mystische Traditionen und Verstehensweisen. Öffnet sich hier ein Tor in eine die zerstörerische Dualität von Geist und Materie überwindende Denk- und Seinsweise?
Die beim ästhetischen Prozess kultivierte Fokussierung auf Wahrnehmung und Gefühl im Verbund mit einer Ausklammerung zielorientierten Denkens führt zu einer Praxis, bei der die unmittelbare Gegenwart transzendiert und in ihrem geistig-seelischen Reichtum ahnbar wird.
Die Expeditionen im Rahmen von „Forschende Kunst“ eröffnen Einblicke in ein Reich universeller Existenz, das wir als evolvierende Wesen begrenzt wahrnehmen und dem wir uns im gemeinsamen Tun zuwenden. Es bildet sich dabei unser Forschungsfeld heraus: eine unfassbare, uns durchdringende und uns drängende, über uns hinausweisende und uns herausfordernde geistige Wirklichkeit.
Diese beginnen wir zu entdecken - in uns und in den uns begegnenden Wesen, Dingen, Prozessen und Begriffen und deren Zusammenhängen.
Bei Betrachtung des Zusammenhangs, in dem wir uns mit Forschende Kunst und dem ästhetischen Prozess befinden, zeigt sich ein universelles Kraftfeld, dessen Energien uns durchströmen. Eine geistige Welt tut sich auf und will weiter erkundet werden. Wir sind von diesem Sog ergriffen, ohne dessen Dimensionen auch nur ansatzweise im Blick zu haben. Hier begegnen sich analytisch-wissenschaftliche und intuitiv-spirituelle, wenn nicht gar mystische Traditionen und Verstehensweisen. Öffnet sich hier ein Tor in eine die zerstörerische Dualität von Geist und Materie überwindende Denk- und Seinsweise?
Moral – ein unsichtbares Wesen?
Am ersten Abend erkundeten wir „Moral“ aus lebenspraktischer Perspektive: In welchen Situationen begegneten wir „Moral“ in unserer Kindheit und Jugend und was verbinden wir mit diesen Erinnerungen? Die Teilnehmer des Workshops tauschten sich über vielfältige Erlebnisse, Erfahrungen und Erinnerungen aus, bei denen sie ihrer spontanen Eingebung nach erstmalig mit „Moral“ in Berührung kamen. Dem Gegenstand entsprechend waren es durchweg Erlebnisse an der Grenze zwischen individuellem und sozialem Handeln – verbunden mit positiven oder negativen Gefühlen, je nachdem, ob äußere oder innere Ansprüche an das eigene Verhalten erfüllt oder missachtet wurden.
Von außen vorgegebene, „tradierte“ Moralvorstellungen werden zum Teil übernommen – Moral als gelerntes und mehr oder weniger bewusst reproduziertes Verhalten unter der Herrschaft des „Man“, zumeist gewandet im Kleide des Verbots: „So etwas tut man nicht“ oder „Das gehört sich nicht“. Diese Art der Erziehung stößt spätestens mit dem Erwachen des Selbstbewusstseins an ihre Grenzen. Schon Kinder und in besonderer Weise Jugendliche fragen nach den Gründen der ihnen vermittelten Verhaltensregeln und suchen nach verständlichen, gewollten und lebbaren Innen- und Außenverhältnissen.
Dass dabei nur allzu oft ausgetretene Pfade (Normen, Regeln) und nur mit Mühe eigene Wege (Selbstbestimmung/Autonomie) beschritten werden, liegt wohl daran, dass „Moral“ ein stark bindendes interpersonales Konstrukt ist, dem man sich kaum entziehen kann, zumal sich eine „eigene“ Moral nur mit Selbst-Bewusstsein formulieren oder leben lässt. Allein die Abweisung oder Missachtung äußerer Erwartungen und Ansprüche ist noch nicht die Befreiung von „falscher“ Moral, da ein Negieren fremdbestimmten Handelns zwar angesichts tradierter und konventioneller Anmaßungen und Zumutungen angebracht, wenn nicht gar erforderlich sein mag, jedoch mit einem bloßen Negieren um des Negierens willen nicht überwunden wird.
Doch wie komme ich zu einer Moral, die ich tatsächlich „reinen Gewissens“ vertreten kann? Im Spannungsfeld von Fremd- und Selbstbestimmung bildet sich das autonome Ich heraus: Ich selbst muss entscheiden, was für mich richtig oder falsch ist und welchen Weg ich gehe. Ich selbst bin für mein Denken, Handeln und Fühlen verantwortlich.
Das Spektrum der mit Moral in Verbindung gebrachten Gefühlen und Stimmungen reicht im negativen Fall von Wut, Zorn, Trauer, Angst und Empörung bis hin zu Scham, Zweifel und Dissonanz. Im positiven Fall von Stolz, Glück und Freude über Sicherheit und Erhabenheit bis hin zu Harmonie. Die Gefühlswelt der Moral ist evident und eröffnet ein Aufmerksamkeits-Feld, das uns anspricht und herausfordert – es ist von einer Ernsthaftigkeit durchdrungen, die uns existenziell berührt. Dies wahrzunehmen und dem nachzuspüren erscheint uns als moralische Verpflichtung (die Rationalität von Moral, also die prinzipielle Forderung nach deren argumentativer Begründbarkeit, bleibt unabhängig davon, dass wir hier auf das Gefühl in seiner existenziellen Bestimmung hinweisen, natürlich bestehen).
Bei den Gesprächen über die erste Begegnungen mit „Moral“ wurde deutlich, dass diese „wie ein unsichtbares Wesen“ wirkt: Sie ist „im Raum“ und „gibt Anweisungen“, wobei diese zumeist als Verbote wahrgenommen werden … ein über Generationen vermittelter und verinnerlichter Regelkanon, der uns mitteilt, was sich alles „nicht gehört“. Moral als einschränkendes Instrument, als Tabu-Generator. Nur allzu oft verkommt „Moral“ zu einem blind gelebten Verhaltenskodex, „man“ verhält sich ihr entsprechend nur zum Schein, meint in der Befolgung fremdbestimmter Regeln das Rechte zu tun und erhebt sich über andere … wird „schein-heilig“, wenn nicht gar zwanghaft und bösartig. Eine beispielgebende „positive Moral“, die aus sich heraus gelebt wird und die Freiheit anderer nicht beschneiden, sondern vielmehr unterstützen und ermöglichen will, erschien uns demgegenüber – gerade in Zeiten der Political Correctness und einer Renaissance des religiösen Fundamentalismus, bei der uns kaltherzige Selbstbeweihräucherer, Religionskrieger, Bürokraten und Funktionäre vorgeben möchten, wie wir zu denken und zu formulieren haben - als ein echtes Desiderat.
Gelernte „Moral“ speist sich häufig auch aus Erzählungen und Mythen, die religiöser oder weltlicher Natur sein können. Sie ist kulturell geprägt und damit je nach Kontext auch relativierbar. Menschliche Tugenden, wie sie im profanen Alltag eher selten zum Vorschein kommen, werden in Märchen oder Erzählungen deutlich sichtbar, wirken jedoch oft kraftlos - wie aus einer anderen Welt, die uns „aufgeklärte“ Zeitgenossen „eigentlich“ nichts angeht. Oder sie berühren uns auf zauberhafte Weise und erinnern uns an eine Kraft tief in uns, die uns leise anspricht und geduldig auf Antwort wartet: Die Liebe.
Auf diese Kraft zu hören, ihr nachzuspüren und sie durch uns ins Leben kommen zu lassen, empfanden wir am Ende dieses Tages als oberstes moralisches Gebot.
Am ersten Abend erkundeten wir „Moral“ aus lebenspraktischer Perspektive: In welchen Situationen begegneten wir „Moral“ in unserer Kindheit und Jugend und was verbinden wir mit diesen Erinnerungen? Die Teilnehmer des Workshops tauschten sich über vielfältige Erlebnisse, Erfahrungen und Erinnerungen aus, bei denen sie ihrer spontanen Eingebung nach erstmalig mit „Moral“ in Berührung kamen. Dem Gegenstand entsprechend waren es durchweg Erlebnisse an der Grenze zwischen individuellem und sozialem Handeln – verbunden mit positiven oder negativen Gefühlen, je nachdem, ob äußere oder innere Ansprüche an das eigene Verhalten erfüllt oder missachtet wurden.
Von außen vorgegebene, „tradierte“ Moralvorstellungen werden zum Teil übernommen – Moral als gelerntes und mehr oder weniger bewusst reproduziertes Verhalten unter der Herrschaft des „Man“, zumeist gewandet im Kleide des Verbots: „So etwas tut man nicht“ oder „Das gehört sich nicht“. Diese Art der Erziehung stößt spätestens mit dem Erwachen des Selbstbewusstseins an ihre Grenzen. Schon Kinder und in besonderer Weise Jugendliche fragen nach den Gründen der ihnen vermittelten Verhaltensregeln und suchen nach verständlichen, gewollten und lebbaren Innen- und Außenverhältnissen.
Dass dabei nur allzu oft ausgetretene Pfade (Normen, Regeln) und nur mit Mühe eigene Wege (Selbstbestimmung/Autonomie) beschritten werden, liegt wohl daran, dass „Moral“ ein stark bindendes interpersonales Konstrukt ist, dem man sich kaum entziehen kann, zumal sich eine „eigene“ Moral nur mit Selbst-Bewusstsein formulieren oder leben lässt. Allein die Abweisung oder Missachtung äußerer Erwartungen und Ansprüche ist noch nicht die Befreiung von „falscher“ Moral, da ein Negieren fremdbestimmten Handelns zwar angesichts tradierter und konventioneller Anmaßungen und Zumutungen angebracht, wenn nicht gar erforderlich sein mag, jedoch mit einem bloßen Negieren um des Negierens willen nicht überwunden wird.
Doch wie komme ich zu einer Moral, die ich tatsächlich „reinen Gewissens“ vertreten kann? Im Spannungsfeld von Fremd- und Selbstbestimmung bildet sich das autonome Ich heraus: Ich selbst muss entscheiden, was für mich richtig oder falsch ist und welchen Weg ich gehe. Ich selbst bin für mein Denken, Handeln und Fühlen verantwortlich.
Das Spektrum der mit Moral in Verbindung gebrachten Gefühlen und Stimmungen reicht im negativen Fall von Wut, Zorn, Trauer, Angst und Empörung bis hin zu Scham, Zweifel und Dissonanz. Im positiven Fall von Stolz, Glück und Freude über Sicherheit und Erhabenheit bis hin zu Harmonie. Die Gefühlswelt der Moral ist evident und eröffnet ein Aufmerksamkeits-Feld, das uns anspricht und herausfordert – es ist von einer Ernsthaftigkeit durchdrungen, die uns existenziell berührt. Dies wahrzunehmen und dem nachzuspüren erscheint uns als moralische Verpflichtung (die Rationalität von Moral, also die prinzipielle Forderung nach deren argumentativer Begründbarkeit, bleibt unabhängig davon, dass wir hier auf das Gefühl in seiner existenziellen Bestimmung hinweisen, natürlich bestehen).
Bei den Gesprächen über die erste Begegnungen mit „Moral“ wurde deutlich, dass diese „wie ein unsichtbares Wesen“ wirkt: Sie ist „im Raum“ und „gibt Anweisungen“, wobei diese zumeist als Verbote wahrgenommen werden … ein über Generationen vermittelter und verinnerlichter Regelkanon, der uns mitteilt, was sich alles „nicht gehört“. Moral als einschränkendes Instrument, als Tabu-Generator. Nur allzu oft verkommt „Moral“ zu einem blind gelebten Verhaltenskodex, „man“ verhält sich ihr entsprechend nur zum Schein, meint in der Befolgung fremdbestimmter Regeln das Rechte zu tun und erhebt sich über andere … wird „schein-heilig“, wenn nicht gar zwanghaft und bösartig. Eine beispielgebende „positive Moral“, die aus sich heraus gelebt wird und die Freiheit anderer nicht beschneiden, sondern vielmehr unterstützen und ermöglichen will, erschien uns demgegenüber – gerade in Zeiten der Political Correctness und einer Renaissance des religiösen Fundamentalismus, bei der uns kaltherzige Selbstbeweihräucherer, Religionskrieger, Bürokraten und Funktionäre vorgeben möchten, wie wir zu denken und zu formulieren haben - als ein echtes Desiderat.
Gelernte „Moral“ speist sich häufig auch aus Erzählungen und Mythen, die religiöser oder weltlicher Natur sein können. Sie ist kulturell geprägt und damit je nach Kontext auch relativierbar. Menschliche Tugenden, wie sie im profanen Alltag eher selten zum Vorschein kommen, werden in Märchen oder Erzählungen deutlich sichtbar, wirken jedoch oft kraftlos - wie aus einer anderen Welt, die uns „aufgeklärte“ Zeitgenossen „eigentlich“ nichts angeht. Oder sie berühren uns auf zauberhafte Weise und erinnern uns an eine Kraft tief in uns, die uns leise anspricht und geduldig auf Antwort wartet: Die Liebe.
Auf diese Kraft zu hören, ihr nachzuspüren und sie durch uns ins Leben kommen zu lassen, empfanden wir am Ende dieses Tages als oberstes moralisches Gebot.
Bild: Am ersten Workshoptag entstandene Visualisierung von „Moral“ und „Gefühl“:
Ein prinzipiell grenzenloses Energiefeld mit einem darin eingebetteten starren Regelwerk, welches einerseits zwar Sicherheit bietet, andererseits aber auch Grenzen vorgibt. Der schwarze Punkt in diesem Regelwerk entspricht dem „Bösen“ als dem Gegenteil des „Guten“. Letzterem meint man für gewöhnlich selbst zu entsprechen. „Das Böse“ wird als das negativer Ausfluss sozial bestimmter „Freiheit“ konstruiert und projiziert, was den Blick auf die wahren Zusammenhänge trübt. Moral wird instrumentalisiert und kommt als Werkzeug der Macht zum Einsatz, um Widersacher zu identifizieren und auszumerzen. Wer sich dem Willen zur Selbstbestimmung verschreibt, gerät leicht mit der bestehenden Macht in Konflikt und wird als Vertreter des „Bösen“ verteufelt. Paradoxerweise ist man gerade im Sinne der Moral dazu verpflichtet, sich von fremdbestimmter „Moral“ zu befreien. Man sollte sich aus ethischen Erwägungen auf die Seite der Selbstbestimmung schlagen und gewohnheitsmäßige Einschränkungen hinter sich lassen – und sei es fürs Erste nur vorübergehend. Von Liebe getragene Wesen vermögen sich von „moralischen“ Vorgaben vielleicht sogar dauerhaft zu lösen. Störende Kräfte / Reibungen / Irritationen (im Bild schwarz) sind notwendige Widerstände, die den Befreiungs-Prozess mit Bewusstsein und Qualität anreichern: Indem ich mich gegenüber dem Negativen außer mir und in mir liebend verhalte, bewähre und stärke ich mich in dienend-dankender Haltung und bereite den Boden für Vergebung, Versöhnung und für Entwicklung in Freiheit.
Ein prinzipiell grenzenloses Energiefeld mit einem darin eingebetteten starren Regelwerk, welches einerseits zwar Sicherheit bietet, andererseits aber auch Grenzen vorgibt. Der schwarze Punkt in diesem Regelwerk entspricht dem „Bösen“ als dem Gegenteil des „Guten“. Letzterem meint man für gewöhnlich selbst zu entsprechen. „Das Böse“ wird als das negativer Ausfluss sozial bestimmter „Freiheit“ konstruiert und projiziert, was den Blick auf die wahren Zusammenhänge trübt. Moral wird instrumentalisiert und kommt als Werkzeug der Macht zum Einsatz, um Widersacher zu identifizieren und auszumerzen. Wer sich dem Willen zur Selbstbestimmung verschreibt, gerät leicht mit der bestehenden Macht in Konflikt und wird als Vertreter des „Bösen“ verteufelt. Paradoxerweise ist man gerade im Sinne der Moral dazu verpflichtet, sich von fremdbestimmter „Moral“ zu befreien. Man sollte sich aus ethischen Erwägungen auf die Seite der Selbstbestimmung schlagen und gewohnheitsmäßige Einschränkungen hinter sich lassen – und sei es fürs Erste nur vorübergehend. Von Liebe getragene Wesen vermögen sich von „moralischen“ Vorgaben vielleicht sogar dauerhaft zu lösen. Störende Kräfte / Reibungen / Irritationen (im Bild schwarz) sind notwendige Widerstände, die den Befreiungs-Prozess mit Bewusstsein und Qualität anreichern: Indem ich mich gegenüber dem Negativen außer mir und in mir liebend verhalte, bewähre und stärke ich mich in dienend-dankender Haltung und bereite den Boden für Vergebung, Versöhnung und für Entwicklung in Freiheit.
Ohne Liebe ist alles wertlos
Der zweite Workshoptag diente der Annäherung an den „Werte“-Begriff und damit an unsere Wertvorstellungen. Bei der Rekapitulation des bislang Erarbeiteten wurde zuerst noch einmal Bezug genommen auf die „Moral“ als einer Lehrmeisterin, die uns zeigt, dass Menschen mehr sind als bloß selbstbezügliche, narzisstische, egoistische Wesen. In der Moral wird das Spannungsfeld zwischen Innen und Außen, zwischen dem persönlichen und umfassenden (sozialen/ökologischen/kulturellen) Systemen deutlich. An der Schnittstelle von Innen und Außen manifestiert sich ein Verhaltenskodex, der im Laufe der Zeit verkrustet. Dieser Kodex muss dann überwunden oder erneuert werden. Die Kraft, die solche Erneuerung nährt, wurde in unserer Runde als „Herzenskraft“ oder „geistige Kraft“ bezeichnet.
„Moral“ als bloßes Regelwerk ist kalt und unmoralisch – erst durch lebendige Intuition, also durch Gefühl und Wärme, erfährt Moral ihre Sinnhaftigkeit und damit ihre Legitimation: „Nur wer Liebe in sich trägt, kann moralisch handeln“, so die Aussage einer Teilnehmerin. Es entstand erneut der Eindruck, dass wir hier einer geistig-liebenden Kraft auf der Spur sind, die den unsere Gegenwart beherrschenden, von Materialismus durchdrungenen Neoliberalismus in seiner ganzen Sinn- und Wertlosigkeit entlarvt. Es keimte die Hoffnung auf, dass hier etwas wirkt, das mehr ist als ein revolutionärer Impuls – wie Pionierpflanzen kommt hier etwas Neues in die Welt, das alles Herkömmliche und Veraltete auf prinzipiell gewaltfreie Weise und in exponentiell wachsender Geschwindigkeit verdrängt.
Es stellte sich die Frage nach dem Maßstab, der „Natur“ bzw. der Qualität dieser Entwicklung. Diese bleibt bis auf weiteres vage und unbestimmt, scheint aber mit einer umfassenden, kosmisch getragenen (spirituellen?) Entwicklung einher zu gehen. Die bestehenden Machtverhältnisse und institutionell / funktional begründeten Trägheitsmomente in Politik, Wirtschaft, Gesellschaft und Medien scheinen noch übermächtig, sind aber bereits in erheblicher Auflösung begriffen. Das Physik und Mystik verbindende Weltbild eines Fritjof Capra oder die morphogenetischen Felder eines Rupert Sheldrake sind unseres Erachtens mögliche Erklärungsmodelle und Interpretationsmuster, um solche Veränderungsprozesse verstehen zu lernen und mit zu gestalten.
Bei der Besinnung auf den Begriff „Wert“ stellten wir fest, dass sich dieses Feld nur mit einiger Mühe erschließt. Wir gönnten uns etwas Stille und horchten in uns hinein: Was war meine erste Begegnung mit „Wert“ und welche Gefühle stellen sich bei der Erinnerung ein? Zuerst löste sich der Begriff auf – ein „Wert“ per se ließ sich nicht ausmachen. Auf den zweiten Blick zeigt sich gerade in dieser Verzögerung der Wert und damit die Bedeutung des Begriffs „Wert“: Durch geduldiges Vergleichen entsteht ein erster Sinn von „Wert“. Meinen Selbstwert erfahre ich im Vergleich mit anderen und durch andere – in Auf- oder Abwertung, die ich mir selbst zuschreibe oder die mir zuteil wird. Es stellt sich ein Selbst-Wert-Gefühl ein, das mich im günstigen Fall (unter förderlichen, konstruktiven Bedingungen) nährt und stärkt oder das im ungünstigen Fall (unter destruktiven Bedingungen) meine Potenziale mindert und schwächt.
Wir stellten bei der Wert-Zuweisung eine männliche und eine weibliche Komponente fest: Der Wert als ein zu erreichender, herstellbarer oder zu gewinnender „Gegenstand“ erscheint uns eher männlich (zielstrebig, kämpferisch), das dem Wert zugehörige Gefühl hat eine umhüllende, (Liebe und Leben) schenkende oder entziehende Komponente und wirkt dadurch eher weiblich. Solche männlich/weiblich-Prinzipien sind kategorischer Natur und nicht zu verwechseln mit bloß äußerlichen geschlechtlichen Definitionen. Frauen und Männer haben in diesem Sinne sowohl männliche als auch weibliche Anteile in unterschiedlichen Mischungsverhältnissen… es gibt Männer mit mehr „weiblichen“ Anteilen und Frauen mit mehr „männlichen“ Anteilen. Und es gibt Menschen, die sich zwischen diesen Polen einstimmen - das physische Geschlecht ist in Fragen der Bewertung irrelevant.
Über die Selbst-Bewertung hinaus schreiben wir auch Dingen und Begriffen Werte zu. Ein Gegenstand kann wertvoll erscheinen und auch Ideen beanspruchen ihren Wert. Wir einigten uns darauf, dass wir uns hier nicht mit materiellen Werten beschäftigen wollen – diese werden über Angebot und Nachfrage, also ökonomisch reguliert und sind Gegenstand der Ökonomie. Sicher ließe sich an anderer Stelle auch über „profane“ Werte und deren Bedeutung verhandeln. Für diesen Abend konzentrierten wir uns auf „Werte“ im ideellen Sinn, die mit Geld und Gütern nicht aufzuwiegen sind.
Wie erkenne ich einen Wert als etwas zu Bewahrendes? Übernehme ich die Wertzuweisung von außen im Sinne tradierter, von anderen zugesprochener Werte oder generiere ich eine Wertzuweisung aus mir heraus? Auch hier zeigt sich - wie bei der Moral - ein Spannungsfeld zwischen fremd- und selbstbestimmter Be-Wertung. Je autonomer und freier ich meinen Wertekanon aufstelle, desto mehr stehe ich womöglich alleine damit da. Doch da sich aus unserer Sicht bei der Betrachtung einer Wertehierarchie als oberster Wert die „Freiheit“ herausstellt, kamen wir auch bei dieser Frage zu dem Schluss, dass der autonome, in Freiheit selbst gesetzte Wert der erstrebenswerteste ist. Dieser kann nur als ein empfundener Wert von Bedeutung sein, einem abstrakten Wert kann ich mich nicht in dem Maße hingeben, wie es ein höchster Wert verdienen sollte. Das höchste mit einem hohen Wert kombinierbare Gefühl ist unseres Erachtens die Liebe. Ohne Liebe wäre alles wertlos. Zur Probe stelle man sich die Frage: Für welchen Wert wäre ich bereit, mein Leben zu geben? Zumindest in unserer Runde waren wir uns einig, dass auf jeden Fall die Freiheit solchen Einsatz verdient. Unsere Liebe gilt der Freiheit.
Der zweite Workshoptag diente der Annäherung an den „Werte“-Begriff und damit an unsere Wertvorstellungen. Bei der Rekapitulation des bislang Erarbeiteten wurde zuerst noch einmal Bezug genommen auf die „Moral“ als einer Lehrmeisterin, die uns zeigt, dass Menschen mehr sind als bloß selbstbezügliche, narzisstische, egoistische Wesen. In der Moral wird das Spannungsfeld zwischen Innen und Außen, zwischen dem persönlichen und umfassenden (sozialen/ökologischen/kulturellen) Systemen deutlich. An der Schnittstelle von Innen und Außen manifestiert sich ein Verhaltenskodex, der im Laufe der Zeit verkrustet. Dieser Kodex muss dann überwunden oder erneuert werden. Die Kraft, die solche Erneuerung nährt, wurde in unserer Runde als „Herzenskraft“ oder „geistige Kraft“ bezeichnet.
„Moral“ als bloßes Regelwerk ist kalt und unmoralisch – erst durch lebendige Intuition, also durch Gefühl und Wärme, erfährt Moral ihre Sinnhaftigkeit und damit ihre Legitimation: „Nur wer Liebe in sich trägt, kann moralisch handeln“, so die Aussage einer Teilnehmerin. Es entstand erneut der Eindruck, dass wir hier einer geistig-liebenden Kraft auf der Spur sind, die den unsere Gegenwart beherrschenden, von Materialismus durchdrungenen Neoliberalismus in seiner ganzen Sinn- und Wertlosigkeit entlarvt. Es keimte die Hoffnung auf, dass hier etwas wirkt, das mehr ist als ein revolutionärer Impuls – wie Pionierpflanzen kommt hier etwas Neues in die Welt, das alles Herkömmliche und Veraltete auf prinzipiell gewaltfreie Weise und in exponentiell wachsender Geschwindigkeit verdrängt.
Es stellte sich die Frage nach dem Maßstab, der „Natur“ bzw. der Qualität dieser Entwicklung. Diese bleibt bis auf weiteres vage und unbestimmt, scheint aber mit einer umfassenden, kosmisch getragenen (spirituellen?) Entwicklung einher zu gehen. Die bestehenden Machtverhältnisse und institutionell / funktional begründeten Trägheitsmomente in Politik, Wirtschaft, Gesellschaft und Medien scheinen noch übermächtig, sind aber bereits in erheblicher Auflösung begriffen. Das Physik und Mystik verbindende Weltbild eines Fritjof Capra oder die morphogenetischen Felder eines Rupert Sheldrake sind unseres Erachtens mögliche Erklärungsmodelle und Interpretationsmuster, um solche Veränderungsprozesse verstehen zu lernen und mit zu gestalten.
Bei der Besinnung auf den Begriff „Wert“ stellten wir fest, dass sich dieses Feld nur mit einiger Mühe erschließt. Wir gönnten uns etwas Stille und horchten in uns hinein: Was war meine erste Begegnung mit „Wert“ und welche Gefühle stellen sich bei der Erinnerung ein? Zuerst löste sich der Begriff auf – ein „Wert“ per se ließ sich nicht ausmachen. Auf den zweiten Blick zeigt sich gerade in dieser Verzögerung der Wert und damit die Bedeutung des Begriffs „Wert“: Durch geduldiges Vergleichen entsteht ein erster Sinn von „Wert“. Meinen Selbstwert erfahre ich im Vergleich mit anderen und durch andere – in Auf- oder Abwertung, die ich mir selbst zuschreibe oder die mir zuteil wird. Es stellt sich ein Selbst-Wert-Gefühl ein, das mich im günstigen Fall (unter förderlichen, konstruktiven Bedingungen) nährt und stärkt oder das im ungünstigen Fall (unter destruktiven Bedingungen) meine Potenziale mindert und schwächt.
Wir stellten bei der Wert-Zuweisung eine männliche und eine weibliche Komponente fest: Der Wert als ein zu erreichender, herstellbarer oder zu gewinnender „Gegenstand“ erscheint uns eher männlich (zielstrebig, kämpferisch), das dem Wert zugehörige Gefühl hat eine umhüllende, (Liebe und Leben) schenkende oder entziehende Komponente und wirkt dadurch eher weiblich. Solche männlich/weiblich-Prinzipien sind kategorischer Natur und nicht zu verwechseln mit bloß äußerlichen geschlechtlichen Definitionen. Frauen und Männer haben in diesem Sinne sowohl männliche als auch weibliche Anteile in unterschiedlichen Mischungsverhältnissen… es gibt Männer mit mehr „weiblichen“ Anteilen und Frauen mit mehr „männlichen“ Anteilen. Und es gibt Menschen, die sich zwischen diesen Polen einstimmen - das physische Geschlecht ist in Fragen der Bewertung irrelevant.
Über die Selbst-Bewertung hinaus schreiben wir auch Dingen und Begriffen Werte zu. Ein Gegenstand kann wertvoll erscheinen und auch Ideen beanspruchen ihren Wert. Wir einigten uns darauf, dass wir uns hier nicht mit materiellen Werten beschäftigen wollen – diese werden über Angebot und Nachfrage, also ökonomisch reguliert und sind Gegenstand der Ökonomie. Sicher ließe sich an anderer Stelle auch über „profane“ Werte und deren Bedeutung verhandeln. Für diesen Abend konzentrierten wir uns auf „Werte“ im ideellen Sinn, die mit Geld und Gütern nicht aufzuwiegen sind.
Wie erkenne ich einen Wert als etwas zu Bewahrendes? Übernehme ich die Wertzuweisung von außen im Sinne tradierter, von anderen zugesprochener Werte oder generiere ich eine Wertzuweisung aus mir heraus? Auch hier zeigt sich - wie bei der Moral - ein Spannungsfeld zwischen fremd- und selbstbestimmter Be-Wertung. Je autonomer und freier ich meinen Wertekanon aufstelle, desto mehr stehe ich womöglich alleine damit da. Doch da sich aus unserer Sicht bei der Betrachtung einer Wertehierarchie als oberster Wert die „Freiheit“ herausstellt, kamen wir auch bei dieser Frage zu dem Schluss, dass der autonome, in Freiheit selbst gesetzte Wert der erstrebenswerteste ist. Dieser kann nur als ein empfundener Wert von Bedeutung sein, einem abstrakten Wert kann ich mich nicht in dem Maße hingeben, wie es ein höchster Wert verdienen sollte. Das höchste mit einem hohen Wert kombinierbare Gefühl ist unseres Erachtens die Liebe. Ohne Liebe wäre alles wertlos. Zur Probe stelle man sich die Frage: Für welchen Wert wäre ich bereit, mein Leben zu geben? Zumindest in unserer Runde waren wir uns einig, dass auf jeden Fall die Freiheit solchen Einsatz verdient. Unsere Liebe gilt der Freiheit.
Freiheit als höchster Anspruch
Am letzten Tag unserer Expeditionen in das Reich von „Wert, Moral und Gefühl“ lag es nahe, den Extrakt unseres Nachsinnens und unserer Gespräche herauszuarbeiten. Als Essenz unserer bisherigen Erkundungen und Überlegungen drängte sich uns der Begriff „Freiheit“ geradezu auf. Ganz unbescheiden stellten wir uns die Frage: Gibt es die totale Freiheit?
Zuerst kam uns dabei die Unterscheidung von „frei sein von...“ und „frei sein zu...“ in den Sinn – wir können uns befreien von einschränkenden Regeln und Umständen und dadurch an Freiheit gewinnen – dies jedoch immer nur relativ und nie absolut. Ebenso eingeschränkt ist unsere absichtsvolle Freiheit, da die Möglichkeiten unseres Handlungsspielraums immer eingeschränkt sind. Selbst die Gedanken sind insofern nicht frei, als wir uns nichts außerhalb unserer Denkhorizonte vorstellen können. Frei sind wir immer nur im Rahmen des uns Gegebenen, sofern wir Handlungs- und Denkspielräume auskundschaften und erproben. Was wir vermeintlich in Freiheit denken und tun, ist oft genug lediglich Konsequenz und Ausdruck der uns prägenden und umgebenden Gesetze, Strukturen und Prozesse und damit nur in scheinbarer Freiheit realisiert.
Eine Teilnehmerin stellte die Frage in den Raum, inwieweit beispielsweise Mord- oder Gewaltphantasien mit Freiheit zu tun hätten, da sie sich ja offensichtlich ohne unsere Absicht, also wie von selbst aufdrängen, also unsere Aufmerksamkeit und unser Fühlen binden, beeinträchtigen, ja geradezu nötigen und in eine bestimmte Richtung drängen. Ein Akt der Freiheit wäre dann wohl, solchen Phantasien nicht nachzugeben, sie zu überwinden und hinter sich zu lassen … sich von zwanghaften Vorstellungen und den sie auslösenden bzw. sie begleitenden Emotionen zu befreien.
Wie kommen befreiende Akte zustande? Wie kann ich „mich“ von einschränkenden Umständen inklusive falscher Vorstellungen meiner selbst lösen und wie komme „ich“ zu einem wahrhaft freien Denken, Fühlen und Handeln? Was braucht es, um frei zu sein? Bin nicht „ich“ mein größtes Hemmnis, wenn es darum geht, Freiheit zu erlangen? Wer oder was steuert „meine“ Gedanken, woher kommen „meine“ Entscheidungen, ist die Konstruktion „meines“ „Ich“ „meine“ Entscheidung bzw. wie kann ich „mich“ in Freiheit entwickeln? Ist mein „Ich“ eine gegebene Instanz, die in einem fortwährenden Prozess der Befreiung zu immer größerer Potentialentfaltung gelangt? Oder ist mein „Ich“ - also die Wahrnehmung „meines“ Seins und die daraus folgende Subjektorientierung – nicht mehr als ein evolutionär entstandenes Wahrnehmungs- und Handlungs-“Organ“, das sich soeben in vielerlei Hinsicht als unzeitgemäß und unpassend erweist und dessen Zeit gerade abläuft? Ist mein „Ich“ so wie ich es erfahre und lebe, quasi der Blinddarm eines weit über „mich“ hinaus weisenden Geistes, der „ich“ eigentlich bin? Welche Möglichkeiten neuer Weltwahrnehmungen und -gestaltungen eröffnen sich hier?
Da wir nun offensichtlich endgültig ins Spekulative zu geraten drohten, erdeten wir uns mit dem ästhetischen Prozess und fragten nach unserer ersten Begegnung mit „Freiheit“. Es traten durchweg biografische Erfahrungen zutage, die mit Loslösung, Entwicklung, Reifung, Selbstbehauptung und starken Gefühlen zu tun hatten. Freiheit wird unter einschränkenden Bedingungen erfahren, die überwunden werden wollen. Einschränkung als Bedingung, als Nährboden von Freiheit. Und Loslösung als oftmals schmerzhafter, aber auch beglückender Prozess. Ob und wenn ja inwieweit es uns gelingt, Einschränkungen als solche zu erkennen und diese dann auch zu überwinden, ist eine Frage von Sensibilität, Intellekt und Wille. Auch das Sich-Einlassen auf etwas Umfassendes, Größeres, unser begrenztes Sein übersteigendes, dem wir uns hingeben, ist dabei elementar. Eine Teilnehmerin illustrierte dies mit dem Klang einer Triangel: Der entschiedene, harte Schlag auf Metall, dann die sich im Raum entfaltenden Schwingungen und deren langsames, leiser werdendes und würdiges Verklingen.
Am Ende unserer Expedition erkundeten wir nochmals das Reich der Gefühle und suchten nach Begriffen für Wahrnehmungen, welche sich einstellen, wenn wir Freiheit suchen. Eine Freiheit, die aus einer uns durchdringenden und über uns hinaus weisenden Energie gespeist wird, die bestehende Muster durchbricht und neue Muster formt. Diese Energie ereignet sich in uns und durch uns zwischen Selbstbestimmung und Fremdbestimmung. Die „totale Freiheit“ gibt es „in Wirklichkeit“ nicht, doch nehmen wir sie als fortwährende und uns bestimmende Herausforderung wahr.
Am letzten Tag unserer Expeditionen in das Reich von „Wert, Moral und Gefühl“ lag es nahe, den Extrakt unseres Nachsinnens und unserer Gespräche herauszuarbeiten. Als Essenz unserer bisherigen Erkundungen und Überlegungen drängte sich uns der Begriff „Freiheit“ geradezu auf. Ganz unbescheiden stellten wir uns die Frage: Gibt es die totale Freiheit?
Zuerst kam uns dabei die Unterscheidung von „frei sein von...“ und „frei sein zu...“ in den Sinn – wir können uns befreien von einschränkenden Regeln und Umständen und dadurch an Freiheit gewinnen – dies jedoch immer nur relativ und nie absolut. Ebenso eingeschränkt ist unsere absichtsvolle Freiheit, da die Möglichkeiten unseres Handlungsspielraums immer eingeschränkt sind. Selbst die Gedanken sind insofern nicht frei, als wir uns nichts außerhalb unserer Denkhorizonte vorstellen können. Frei sind wir immer nur im Rahmen des uns Gegebenen, sofern wir Handlungs- und Denkspielräume auskundschaften und erproben. Was wir vermeintlich in Freiheit denken und tun, ist oft genug lediglich Konsequenz und Ausdruck der uns prägenden und umgebenden Gesetze, Strukturen und Prozesse und damit nur in scheinbarer Freiheit realisiert.
Eine Teilnehmerin stellte die Frage in den Raum, inwieweit beispielsweise Mord- oder Gewaltphantasien mit Freiheit zu tun hätten, da sie sich ja offensichtlich ohne unsere Absicht, also wie von selbst aufdrängen, also unsere Aufmerksamkeit und unser Fühlen binden, beeinträchtigen, ja geradezu nötigen und in eine bestimmte Richtung drängen. Ein Akt der Freiheit wäre dann wohl, solchen Phantasien nicht nachzugeben, sie zu überwinden und hinter sich zu lassen … sich von zwanghaften Vorstellungen und den sie auslösenden bzw. sie begleitenden Emotionen zu befreien.
Wie kommen befreiende Akte zustande? Wie kann ich „mich“ von einschränkenden Umständen inklusive falscher Vorstellungen meiner selbst lösen und wie komme „ich“ zu einem wahrhaft freien Denken, Fühlen und Handeln? Was braucht es, um frei zu sein? Bin nicht „ich“ mein größtes Hemmnis, wenn es darum geht, Freiheit zu erlangen? Wer oder was steuert „meine“ Gedanken, woher kommen „meine“ Entscheidungen, ist die Konstruktion „meines“ „Ich“ „meine“ Entscheidung bzw. wie kann ich „mich“ in Freiheit entwickeln? Ist mein „Ich“ eine gegebene Instanz, die in einem fortwährenden Prozess der Befreiung zu immer größerer Potentialentfaltung gelangt? Oder ist mein „Ich“ - also die Wahrnehmung „meines“ Seins und die daraus folgende Subjektorientierung – nicht mehr als ein evolutionär entstandenes Wahrnehmungs- und Handlungs-“Organ“, das sich soeben in vielerlei Hinsicht als unzeitgemäß und unpassend erweist und dessen Zeit gerade abläuft? Ist mein „Ich“ so wie ich es erfahre und lebe, quasi der Blinddarm eines weit über „mich“ hinaus weisenden Geistes, der „ich“ eigentlich bin? Welche Möglichkeiten neuer Weltwahrnehmungen und -gestaltungen eröffnen sich hier?
Da wir nun offensichtlich endgültig ins Spekulative zu geraten drohten, erdeten wir uns mit dem ästhetischen Prozess und fragten nach unserer ersten Begegnung mit „Freiheit“. Es traten durchweg biografische Erfahrungen zutage, die mit Loslösung, Entwicklung, Reifung, Selbstbehauptung und starken Gefühlen zu tun hatten. Freiheit wird unter einschränkenden Bedingungen erfahren, die überwunden werden wollen. Einschränkung als Bedingung, als Nährboden von Freiheit. Und Loslösung als oftmals schmerzhafter, aber auch beglückender Prozess. Ob und wenn ja inwieweit es uns gelingt, Einschränkungen als solche zu erkennen und diese dann auch zu überwinden, ist eine Frage von Sensibilität, Intellekt und Wille. Auch das Sich-Einlassen auf etwas Umfassendes, Größeres, unser begrenztes Sein übersteigendes, dem wir uns hingeben, ist dabei elementar. Eine Teilnehmerin illustrierte dies mit dem Klang einer Triangel: Der entschiedene, harte Schlag auf Metall, dann die sich im Raum entfaltenden Schwingungen und deren langsames, leiser werdendes und würdiges Verklingen.
Am Ende unserer Expedition erkundeten wir nochmals das Reich der Gefühle und suchten nach Begriffen für Wahrnehmungen, welche sich einstellen, wenn wir Freiheit suchen. Eine Freiheit, die aus einer uns durchdringenden und über uns hinaus weisenden Energie gespeist wird, die bestehende Muster durchbricht und neue Muster formt. Diese Energie ereignet sich in uns und durch uns zwischen Selbstbestimmung und Fremdbestimmung. Die „totale Freiheit“ gibt es „in Wirklichkeit“ nicht, doch nehmen wir sie als fortwährende und uns bestimmende Herausforderung wahr.
ANHANG
Von uns im Zusammenhang mit „Freiheit“ wahrgenommene und benannte Gefühle und Begriffe:
- Leichtigkeit
- Bodenlosigkeit
- Abenteuer
- Spannung
- Freude
- Im Fluss sein
- Bauchkribbeln
- Neugierde
- Glück
- Stärke
- Kraft
- Selbstbestimmung
- Stolz
- Mut
- Selbstbewusstsein
- Angst
- Zweifel
- Aktivität
- sich spüren
- Sinne spüren
- Wahrnehmen
- Grenzen überwinden
Link-Tipps:
Gadamer über Hermeneutik:
https://www.youtube.com/watch?v=rwwdGTBcsq0
Zur evolutionären Spiritualität:
www.cybermondo.net/media/Zeitachse_der_Evolutionaeren_Spiritualitaet.pdf
und
www.cybermondo.net/2007/08/20/eine-kurze-geschichte-der-evolutionaren-spiritualitat
Über die (Un-)möglichkeit religiöser Gefühle:
http://www.vww.at/E_Religioese%20Gefuehle.pdf
Peter Sloterdijk: Stress und Freiheit
https://www.youtube.com/watch?v=aN71TQEyC_Y